Die Kunst der Natur

Musik und Botanik

Die Natur der Kunst

Musik und Kybernetik

Nahaufnahme eines Blattes

Die feinnervigen Strukturen von Pflanzen faszinieren Cerha als Naturbeobachter und Komponist –
seien es, wie hier, die geäderten Zellen eines Blattes, die Myzele von Pilze oder die Zweige großer Bäume.

Bildquelle: Pixabay

Friedrich Cerha, Ohne Titel, 2014
Mischtechnik auf Holz
22,2 x 25,7 cm

Zugang

Was die Struktur meiner Musik betrifft, so haben Beobachtungen an organischem Wachstum mein Interesse zunehmend auf das Verhältnis von Basisstrukturen und in Entwicklungs- bzw. Entfaltungsprozessen zutage tretenden, unmittelbar erkennbaren Ergebnissen gelenkt: Dass Pflanzen mit ähnlichen Basisstrukturen unter verschiedenen Umweltbedingungen sehr verschieden aussehen und umgekehrt verschieden strukturierte Gewächse unter ähnlichen Bedingungen sehr ähnliche Formen ausbilden können, gehört zu den diesbezüglich für mein weiteres kreatives Denken wichtigen Erfahrungen.

Friedrich Cerha

Schriften: ein Netzwerk, Vienna 2001, S. 80

Cerhas Beschäftigung mit der Natur gehört zu den Grundpfeilern seines Denkens. Die Verbundenheit zu ihr drückt sich selbst in der Wahl des familiären Wohnorts aus: Friedrich und Gertraud Cerha leben in Maria Langegg, einem kleinen Dorf in Niederösterreich, mitten in der anmutigen Landschaft des Dunkelsteiner Waldes. In seinem Garten dort erbaute Cerha eine Kapelle aus Sandstein, und zwar eigenhändig.
Kein Wunder, das sich in seiner Musik oft naturhafte Spuren finden, vor allem solche zur Pflanzenwelt. Wiederholt bekundet er sein Interesse an der „Gesetzmäßigkeit floraler“ Gabelungen wie Verzweigungen, für den „Bereich des Naturhaften“ oder die „Probleme organischen Wachstums“. Cerhas Faszination geht auf Vorbilder zurück, speziell auf Anton von Webern, der mit Hilfe der Goethe’schen Urpflanzentheorie sein kompositionstechnisches Konzept legitimierte.
Die Bezüge zur Natur in Cerhas Werk sind vielfältig. Sie reichen von mimetischen Aspekten, den Strukturen von Stämmen, Ästen und Zweigen in Monumentum, über ästhetische Fragen des langsamen Wachstums in den Exercises bis hin zu literarischen Topoi in Baal, die um Natur als mythischen Ort kreisen.

Werke zum Themenfeld

Musik als Wachstum

 

Exercises, 1962—67

Von der mystischen Natur

 

Baal, 1974—80