Die Geschichte der Entdeckung
Vom Blick nach vorn
Die Entdeckung der Geschichte
Vom Blick zurück
Magnettonbandspulen
Tonbandgerät der texanischen Marke RadioShack
Technologisch bedingte Innovationen wie das Komponieren für Tonbänder prägten die Musik der Nachkriegszeit stark.
Anfang der 1960er Jahre experimentierte auch Cerha mit diesen Verfahren, u.a. für den Orchesterzyklus Spiegel.
Bildquelle: zacks/Pixabay
Friedrich Cerha, Skizze für die Tonbandspur von Spiegel IV, 1960er Jahre
Zugang
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„Im Februar 1959 entstanden die Mouvements, drei Zustandsstudien über sehr gegensätzliche Klangflächenstrukturen für Kammerorchester, in denen ich zum ersten Mal nicht nur auf Melodik, Harmonik und Rhythmik im überlieferten Sinn, sondern auch auf serielle Ordnungen – die Erfahrungen aus diesem Denken freilich immer wieder einbegreifend – verzichtet habe. Das Eindringen in neue, von traditionellen Formulierungen gänzlich freie Klangwelten und das Verfügen-Können über sie hatte etwas ungeheuer Erregendes; es war eine Zeit fieberhaften Entwerfens, Konzipierens, Eroberns.“
Friedrich Cerha
Schriften: ein Netzwerk, Wien 2001, S. 225
Der Zweite Weltkrieg hinterließ Trümmer und Verwüstung. Sein Ende aber bedeutete auch eine Chance – die Möglichkeit, einen Schlussstrich hinter eine Ära der Retrospektive zu ziehen. Dies galt auch in besonderem Maße für die Musik. Im Nationalsozialismus war sie zu Propagandazwecken missbraucht, ihre Wirkung in den Dienst der politischen Manipulation gestellt worden. Aus gutem Grund empfanden junge Komponist:innen nun den dringenden Wunsch, den Ballast der Vergangenheit samt ihrer Gefühligkeit abzuwerfen. Kühn konstruierte und kompromisslose Werke offenbarten den Esprit einer Zukunftsmusik. Im Österreich der Nachkriegszeit brauchte Cerha zunächst Jahre, um die im Krieg verbotene Musik kennen zu lernen. Mitte der 1950er Jahre reiste er mit anderen österreichischen Komponisten endlich ins Epizentrum der Avantgarde, das hessische Darmstadt, um an den Ferienkursen für Neue Musik teilzunehmen. Der dort herrschende Wille zur Erneuerung beeindruckte ihn merkbar. So geriet auch er ins Kielwasser der Entdeckungen. Als eine seiner ersten von Darmstadt beeinflussten Werke können die Relazioni fragili hervorgehoben werden. Sie stehen der damaligen strengen Strukturästhetik sehr nah, offenbaren aber auch eine eigene, freigeistige Denkweise. Am Ende der Darmstädter Zeit stehen die Enjambements, in denen kompositorische Spielräume erkundet werden. Völlig unabhängig von modischen Entwicklungen entdeckte Cerha schließlich als einer der Ersten die Klangflächenkomposition, deren Gipfel der monumentale Orchesterzyklus Spiegel bildet.
Werke zum Themenfeld
Serielle Poesie
Relazioni fragili, 1956/57
Kosmos aus Klang
Spiegel, 1960/61
Spielräume
Enjambements, 1959